Wie ist es dazu gekommen, dass Sie als Chirurg ein Neuro-Science-Fiction-Buch schreiben?

Mit einigen Freunden saßen wir bei einem Treffen der Deutschen Akademie für Neurochirurgie zusammen und diskutierten, was bleibt von uns als Individuen an Erinnerungswerten erhalten, wenn wir nach einem erfolgreichen, wie arbeitsreichen Berufsleben von der Neurochirurgischen Bühne abgetreten sind? Wir Alle hatten unzählige wissenschaftliche Artikel in hochrangigen, internationalen Journalen publiziert und die meisten von uns hatten mehrere Lehr- und Fachbücher veröffentlicht. Aber ein Roman, der einen Brückenschlag zwischen fachlich interessanten sowie belletristischen Themen vollzieht, war ein neuartiger Aspekt.

Einer meiner Freunde arbeitet als Fotograf. Er sagte einmal zu mir: Warum nimmst du eigentlich nicht deine Spiegelreflexkamera mit auf deine Kongressreisen? Du hast den Blick für das perfekte Foto und es wären im Laufe der Jahre sicherlich exzellente Bildbände entstanden. Damals antwortete ich ihm, dass es viel zu umständlich sei und man die Kamera im entscheidenden Moment meistens dann doch nicht parat hat. Außerdem wären alle interessanten Bilder detailgetreu in meinem Kopf gespeichert. Dies war eines der Themen und eine Idee, die auch im Roman auftaucht.

Neuro-Science und Science-Fiction ist einerseits ein schönes Wortspiel und andererseits haben die Neurowissenschaften in manchen Teilbereichen das Potential zum Phantastischen und Futuristischen. Zudem kenne ich mich als Neurochirurg und Operateur ganz gut aus mit dem alltäglichen Thrill. Also lag es somit nahe ein Neuro-Science-Fiction-Thriller zu schreiben.

Im Herbst 2017 war ich auf dem EANS-Meeting in Venedig. Bei einem Spaziergang durch die engen Gassen zusammen mit meiner Frau verirrten wir uns in die außergewöhnliche Libreria Acqua Alta.

Neben tausenden gebrauchten und zum Teil doch erheblich vom Hochwasser gezeichneten Büchern, die in dieser Buchhandlung in Booten und alten Gondeln, anstatt in Regalen aufbewahrt wurden, sprang mir das Buch - Suspense oder wie man einen Thriller schreibt - von Patricia Highsmith ins Auge, das ich für 2 Euro erwarb.

Auf dem Rückflug von Venedig blätterte ich darin und fand in dem ziemlich zerflederten Taschenbuch mehrere Textpassagen, die durch den oder eher die Vorbesitzer als relevante Aspekte mit unterschiedlichen neonfarbenen Textmarkern hervorgehoben waren. Mein erster Gedanke war - ob die Vorbesitzer mittlerweile international renommierte Krimiautoren waren? Als literarischer Novize erschienen mir die hervorgehobenen Textpassagen allerdings eher unwichtig und meines Erachtens waren das nicht die entscheidenden Hinweise für ein spannendes Buch. Nach der Landung in Frankfurt hatte ich das Buch etwas enttäuscht weggelegt und nicht zu Ende gelesen, aber es war der eigentliche Startschuss für meinen Roman.

Aufgrund einer Verletzung und einer Infektion am Schienbein im Spätjahr 2017 war ich immobilisiert und musste über einen längeren Zeitraum Antibiotika einnehmen. Daher konnte ich weder meiner neurochirurgischen Tätigkeit im Operationssaal, noch meiner Vorlesungstätigkeit am KIT nachgehen. Diese erzwungene Auszeit war der Auslöser für meinen Roman, den ich in dieser Zeit mithilfe einer Spracherkennungssoftware diktiert hatte.

Uwe Spetzger

D*TERMINUS II